Die Python Power – erklärt von Python-Erfinder Guido van Rossum

03 March 2020 by Koen Stulens

Technologie wird in unserem Alltag immer wichtiger und Schülerinnen und Schüler mit Programmierkenntnissen sind deutlich besser auf das Berufsleben vorbereitet. Deshalb erweitert auch Texas Instruments (TI) die bestehenden Programmierfähigkeiten seiner Technologie um die Programmiersprache Python. TI hatte die einzigartige Gelegenheit, mit dem Python-Erfinder Guido van Rossum zu diskutieren, wie die Programmiersprache entstand und welches Potential sie für Lernende hat.

Mitreißender Physiklehrer

“Wenn ich die Chance gehabt hätte, wäre ich seit meinem 7. Lebensjahr vor dem Computer gesessen und hätte programmiert”, erzählt Guido van Rossum mit leuchtenden Augen. Aus dem Herzen des Silicon Valley führt der Entwickler im Ruhestand immer noch die Python-Gemeinschaft gewissermaßen als ‘wohwollender Diktator auf Lebenszeit’ an. “Vor 50 Jahren ging ich auf ein Gymnasium im niederländischen Haarlem und legte meinen Schwerpunkt auf die heutigen MINT-Fächer. Schule ist mir recht leicht gefallen, obwohl viele Stunden sehr theoretisch und wenig spannend waren”, berichtet Guido van Rossum. “Aber ich hatte einen mitreißenden Physiklehrer, der mich nachhaltig beeindruckt hat. Zum Glück hat dieser auch gemerkt, dass die zwei Jungs hinten im Klassenraum voraus arbeiteten und dass beide riesige Eletronik-Fans waren. Also liess er uns als Extraaufgabe eine elektronische Uhr bauen. Das war ein tolles Projekt. Diese Uhr wurde auch jahrelang im Klassenraum verwendet!”

Der Python-Vorteil

Guido van Rossum erlernte das Programmieren während seines Mathematik-Studiums an der Universität Amsterdam. Als Wissenschaftler arbeitete er dort später an der Entwicklung einer neuen Programmiersprache, um Basic zu ersetzen. Das war notwendig, da Wissenschaftler selbst programmieren können mussten. Die neue Sprache namens ABC scheiterte zwar, daraus entstand aber Python, benannt nach dem Satireklassiker ‘Monty Python's Flying Circus.’ „Der Vorteil von Python ist, dass der Code kurz und übersichtlich ist. Fortgeschrittene Anwender können ihn sehr einfach lesen. Damit eignet er sich sowohl für Einsteiger als auch erfahrene Programmierer”, erklärt Guido van Rossum.

Python im Schulunterricht

Aufgrund dieser Nutzerfreundlichkeit ist Python eine der besten Optionen für den Programmier-Unterricht ab Sekundarstufe I. „Viele andere Programmiersprachen erfordern eine präzise Formulierung des Codes. Außerdem ist ihre Syntax gerade für Anfänger oft schwierig”, weiß Guido van Rossum. „Python ist einfach zu lernen. Trotzdem ist Python keine ‘einfache’ Sprache. Im Silicon Valley, der weltweiten Hauptstadt für Hightech und Innovation nutzt jedes Unternehmen Python in kleinerem oder größerem Umfang.“ Außerdem könnten Schülerinnen und Schüler neben Programmierkenntnissen wichtige weitere Kompetenzen für das Leben erwerben. „Dazu gehören logisches Denken, Problemlösung und die Fähigkeit, Aufgabenstellungen zu analysieren. Die Sprache ist ziemlich abstrakt, aber das sollte für Lernende in dieser Altersgruppe lösbar sein. Außerdem lernen sie gleichzeitig auch noch Mathematik.“

Kleinere MINT-Projekte

Guido van Rossum wünscht sich, dass Schülerinnen und Schüler auch Programmierung als Unterrichtsfach wählen können. „Viele Kinder und Jugendliche interessieren sich für Coding”, stellt er fest. „Schulen könnten Unterricht zu allgemeinen Computerthemen, darunter optional auch Programmierung, anbieten. Beispielsweise kleine, praxisorientierte Projekte, in denen Schülerinnen und Schüler Codes schreiben, um Lichter zu steuern, die Temperatur zu messen oder Bewegung und Beschleunigung über Sensoren zu messen. So gelingt ein schneller Einstieg ins Thema, auch wenn die Lehrkräfte wenig Zeit außerhalb des Lehrplans haben. Viele Lernende werden im Berufsleben von diesen Kenntnissen profitieren. Jeder Wissenschaftler muss heute in der Lage sein, zu programmieren, um Daten zu verarbeiten.“

Offenheit, die inspiriert

Die Notwendigkeit, Daten verarbeiten zu können, macht Python so beliebt bei Wissenschaftlern und Unternehmen. “Alle MINT-Studienfächer generieren große Mengen an Daten,” erklärt Guido van Rossum. “Zum Beispiel Physiker, die einen Teilchenbeschleuniger bauen, sammeln terabyte-weise Daten pro Sekunde. Um bestimmte Phänomene innerhalb einer solchen Datenmenge zu finden, muss man codieren und eine Software entwickeln können – und das ist der Punkt, an dem Wissenschaftler Python einsetzen.” Die Tatsache, dass Python eine Open Source Programmiersprache ist, macht sie so stark. “Diese Offenheit bringt die Menschen dazu, sich auf technischer Ebene zu verbessern”, meint Guido van Rossum. “Dabei gibt es auch noch einen psychologischen Aspekt: Gemeinsam eine Software zu verbessern macht viel mehr Spaß als alleine.” Die Open Source Methode ist überaus erfolgreich – Millionen von Programmierern weltweit arbeiten mit Python.

Python wächst weiter

Und wie wird sich Python künftig entwickeln? „Ich glaube, Python wird weiter wachsen“, ist sich Guido van Rossum sicher. „Die größten Entwicklungen erwarte ich in den Python Bibliotheken – hier sehen wir sehr viele Ergänzungen. Was den Gebrauch von Python im Unterricht betrifft, hoffe ich, Schüler nehmen die Programmiersprache als einfach und spannend wahr und werden ermutigt, sie auch außerhalb der Schule anzuwenden. Ich hoffe, es sind nicht nur irgendwelche einmaligen Projekte, sondern dass sie die Sprache weiter aktiv verwenden. Es wäre toll, wenn sie nach ihrem Abschluss eine Zukunft in einem MINT-Fach starten würden und sie ihr Python-Basiswissen dann für ihre eigene Forschung verwenden könnten!“